Michael Schultz Daily News Nr. 983

Michael Schultz Daily News Nr. 983

Berlin, den 22. Juli 2015

nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes verstößt das Betreuungsgeld gegen das Grundgesetz. Die Bayern wollen trotz dieser Entscheidung an der sogenannten Herdprämie festhalten, und verlangen vom Bund Zuschüsse. Grüne und SPD lehnen dieses Begehren ab; sie fordern einen weiteren Ausbau der Kindertagesstätten. Wenn die CSU, die nach der Maut mit dem Betreuungsgeld eine weitere existenzielle Schlappe einfahren musste, das Muttergeld weiterhin beibehalten will, dann muss der Aufwand aus eigener Tasche bezahlt werden. Provokativ-witzig frotzelt die 'taz' heute auf ihrem Titel: 'Und wer betreut jetzt die CSU?' 

Horst Seehofer, der die Schlappe wohl auf sich und seine Partei zukommen sah, besetzte in weiser Voraussicht noch schnell das hochaktuelle Flüchtlingsthema. Seiner Überzeugung nach lädt die Bundesrepublik mit ihrer augenblicklichen Asylpolitik zu 'massenhaftem Asylmissbrauch' ein. Diesem wolle er nun Einhalt gebieten, deshalb beabsichtigt er im Südosten des Landes den Bau von zwei Auffanglagern, in denen mit zügigen Verfahren die Ankömmlinge wieder in ihre Heimat abgeschoben werden sollen. 'Menschenverachtend', so die Grüne Fraktionschefin Göring-Eckardt, agiere und argumentiere der bayerische Ministerpräsident mit seinem Widerstand gegen die Reform des Einwanderungsgesetzes.

Die Grünen bei uns im Bundestag gelten in der Regel eher als Gegner des europäischen Harmonisierungswahnsinns. Jetzt aber fordern sie, dass die Bußgelder für Falschparker deutlich auf das europäische Durchschnittsniveau erhöht werden sollen. Sollte es dazu kommen, würden sich in den meisten Fällen die bisherigen Strafen verdoppeln. Angeblich sollen sich immer mehr Menschen über das Verhalten der Falschparker aufregen. Gut möglich, dass diese Idee aus Baden-Württemberg stammt. Dort gilt auch unter der Herrschaft des Grünen-Ministerpräsidenten Kretschmann noch immer das Prinzip von Recht und Ordnung. Im Rest des Landes fallen die Falschparker nur den emsigen Ordnungshütern auf.

Von CCC- auf CCC+ stufte die amerikanische Ratingagentur Standard & Poor's die Kreditwürdigkeit Griechenlands herauf. Auch wenn das nun gar nicht viel bedeutet, atmet man in der internationalen Finanzwelt tief durch. Griechenland ist auf dem Weg nach oben, so das Signal hinter dieser Bewertung. Ministerpräsident Tsipras, der seit seinem Amtsantritt seine Regierung mehrmals umbauen musste, ist in der Heimat beliebter denn je. Die Griechen lieben und vertrauen auf ihn. Heute will er weitere von der EU geforderte Sparmaßnahmen durch das Parlament bringen. Nicht auf der Agenda steht die geforderte Steuerreform für die Landwirtschaft, aber auch ein Ermächtigungsgesetz welches dem Staat erlaubt, bei nicht entrichteter Grundsteuer Zugriff auf Häuser und Grundstücke zu haben, soll vom Tisch. Eine Allparteien-Allianz lehnt diese Vorhaben ab.

Bei uns im Land erwägt Arnold Vaatz, der Vizevorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, im Falle neuer Milliardenhilfen für Athen eine Klage vor dem Karlsruher Verfassungsgericht. Ein weiteres Indiz, dass Angela Merkel ihren Laden nicht mehr richtig im Griff hat. Auch weil sich ihre Griechenland-Politik gegen Linie und Überzeugung der 'Bild'-Zeitung richtet, könnte ihr das zum Verhängnis werden. Dass die Blattmacher bei Widerspruch kein Pardon dulden, mussten einst Gerhard Schröder und im Besonderen auch Christian Wulff erfahren. 

In Frankfurt wird heute im Städel eine umfassende Ausstellung über die Malerei der 80er Jahre eröffnet. Neunzig Bilder von 27 Künstlern wurden vom Kurator Martin Engler ausgewählt; unter ihnen wichtige Positionen wie die von  Bernd Zimmer, Rainer Fetting, Luciano Castelli, Werner Büttner, Martin Kippenberger, Helmut Middendorf, Salomé, Andreas Schulze und Markus Oehlen. Dabei auch Bilder von Thomas Wachweger, Ina Barfuss, G.L. Gabriel, Gerhard Kever und Bettina Semmer, die seinerzeit schon keine bedeutende Rolle spielten. Die Zentren der Malerei der 80er waren die als Moritzplatz Boys in die Geschichte eingegangenen 'Neuen Wilden' aus Berlin, und die sich um Walter Dahn, Jiri Georg Dokoupil und Peter Bömmels gruppierte 'Mühlheimer Freiheit' in Köln. 

Die Malerei der 80er wurde zum Synonym des Zeitgeistes einer sich von Normen und Bevormundungen befreienden Generation von Künstlern, die mit ihren teils virtuos aufgetragenen 'Bad Paintings'  die Welt eroberten. Zeitweise war ihre Kunst schon veräußert, bevor die Leinwände trocken waren. 'Schnell gemalt und noch schneller verkauft', so der Leitspruch der wilden Malertruppe. Besonders die amerikanischen Sammler waren begeistert von der Leichtigkeit, Unbeschwertheit aber auch vom inszenierten Dilettantismus. 

Die Wilden spülten den Frust einer ganzen Generation nach außen; sie verkörperten und postulierten ein neues Lebensgefühl. Übermütig und selbstbewusst. Das war wohl auch ihr Untergang.

Thematische Ausstellungen nach ihrer Vollständigkeit zu überprüfen ist müßig. Wer die 80er allerdings dokumentiert, kommt um die Position von K.H. Hödicke nicht herum. Warum er, der als Vater der wilden Malerei jetzt schon in den Geschichtsbüchern geführt wird, in Frankfurt nicht dabei ist, steht in den Sternen. Schade; sein Beitrag zur Freiheit in der Malerei war mitentscheidend für den damaligen Aufbruch. (Städel Museum Frankfurt, noch bis zum 18. Oktober)