Ich ordne eigentlich alles, was ich tue, nach dem Prinzip der Disharmonie, nach dem der Unausgewogenheit, nach dem der Zerstörung, Georg Baselitz im Gespräch mit Heinz Peter Schwerfel1
1Entnommen aus: Georg Baselitz. Gesammelte Schriften und Interviews, hrsg. von Detlev Gretenkort, München 2011, S. 181.
Georg Baselitz zählt zu den bedeutenden Erneuerern auf dem Gebiet der zeitgenössischen Malerei seit 1960. Baselitz, der 1938 als Georg Kern in Deutschbaselitz (Oberlausitz) geboren wurde und nach Reibereien im Kunststudium im Alter von 20 Jahren die DDR Richtung Westberlin verließ, hatte früh seinen eigenen künstlerischen Weg entdeckt. Mit einem Kunstgriff – er begann 1969 seine Bilder um 180 Grad zu drehen, also auf den Kopf zu stellen – schuf er ein Markenzeichen mit starkem Wiedererkennungswert.
Schon früh reizt es Baselitz, Dinge aus Konventionen zu lösen. Aus dem obligatorischen informellen Farbfluss seiner Jugendjahre schlägt er sich seine eigene malerische Schneise zur Gegenständlichkeit. Die frühen Bilder sind ruppig und richten sich gegen alles: Autoritäten, Moden, Prüderie, andere Kunstrichtungen oder Hoheitssymbole, vorzugsweise Adler. Bei seiner ersten Einzelausstellung 1963 in der Berliner Galerie Werner & Katz kommt es zum Skandal und die Bilder „Die ganze Nacht im Eimer“ und „Der nackte Mann“ werden wegen Unsittlichkeit von der Staatsanwaltschaft konfisziert. Als „Junger Wilder“ schafft er in den Jahren 1965/66 eine Gemäldeserie mit den Titeln „Die Helden“ oder „Neue Typen“. Sie blieb lange unbeachtet. Heute ist sie Bestandteil der Kunstgeschichte. 1969 stellt Baselitz alles auf den Kopf und erlangt damit Berühmtheit. Zu Beginn der 1970er-Jahre entstehen nicht nur kraftvolle, mit bloßen Händen gemalte Bilder, sondern auch spektakuläre Folgen von Radierungen, Holzschnitten, Holzstichen, in denen die Technik von Motiv zu Motiv wechselt. Seit 1980 zählen auch kantig gesägte und farbig gefasste Skulpturen ebenfalls zu seinem viel beachteten Schaffen. Seit 2002 malt Baselitz seine wichtigsten Werke nochmals (Remix-Serie) und stellt sie mit Abstand auf den Prüfstand.
Baselitz erhält zahlreiche Auszeichnungen, darunter 1965 den Villa-Romana-Preis, Florenz; 1986 den Kaiserring der Stadt Goslar, 1987 die französische Auszeichnung eines Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres und 2002 die eines Commandeur de l’Ordre des Arts et des Lettres, 2001 den Julio González-Preis der Stadt Valencia, 2005 das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst. Aus Anlass seines 80sten Geburtstages wird er mit Ausstellungen im In- und Ausland geehrt.
Internationale und nationale öffentliche Sammlungen besitzen seine Werke: die Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Staatlichen Museen zu Berlin; Städel Museum, Frankfurt am Main; Museum Ludwig, Köln; Museum of Modern Art, das Guggenheim Museum in New York und viele mehr.