Teilchenbeschleuniger üben seit langem eine tiefgründige Faszination auf Barbara Anna Husar aus.
Schon 2008 ist eines ihrer grundlegenden Statements Ich bin Teil, Zwischenteil und Teilchenbeschleuniger. Barbara Anna Husar bekennt darin ihr Anliegen, als Künstlerin mit ihrem Werk, ähnlich den Beschleunigeranlagen in der naturwissenschaftlichen Grundlagenforschung, Materie in Bewegung zu versetzen. Allerdings fokussiert sie keine Teilchen physikalischer Natur, sondern Strukturen, die über das Materielle hinausweisen: Bewusstseinsströme sollen angeregt werden und neue sinnstiftende Verbindungen und weiterführende Wechselwirkungen entfalten.
Sinnbildlich bezeichnet sie ihre großen Papierarbeiten, die freie Malerei mit eigens entwickelten Stempeldrucken vereinen, als Synapsenschmieren.
2016 ist der Anspruch, den die Künstlerin an sich und ihre Kunst stellt, vieldeutig gewachsen: An den Grenzen unserer Wahrnehmung beginnt die Avantgarde der Teilchenbeschleuniger.
Barbara Anna Husar verwebt in ihrem Werk unsere gegenwärtige Daseinsform mit Bezügen auf Ursprünge in mythischen und prähistorischen Zeitaltern, Referenzen auf den neu aufkeimenden Humanismus und aufgeklärtes Denken in der frühen Neuzeit, auf die Moderne, wie auch utopische Visionen, die Zukünftiges ahnen lassen.
Energetisches Elixier ist der verbindende Datenfluss, der durch die evolutiven Erscheinungsformen strömt, sich anreichert an den Verbindungsstellen und phantastische, manchmal symbolische oder metaphorische Metamorphosen durchläuft. Wahrnehmung und Bewusstsein treten in fundamentale Wechselwirkung.
Meteoritenfallen sind bereit um Datenträger aus dem Weltall zu empfangen: Meteoriten, elementare Teilchen und vielleicht Träger von Botschaften aus längst verglühten Zentren. Manche posieren auf eingegossenen Sanduhren und fungieren zugleich als Zeitfallen, als wollten sie die erwarteten Informationen filtrieren und in den zu diesem Zweck stillgelegten Zeitlauf transzendieren.
Neben Knochenrädern, die bestückt sind mit Wirbeln des Dinosauriers und Mamuts, rotiert ein Zeitrad, das mit mehreren gläsernen Sanduhren besetzt ist. Mit diesen Gefäßen in der abstrakten geometrischen Form der endlosen Achterschlaufe deutet das Zeitrad in mehrfacher Sicht auf den sich unaufhörlich bewegenden Zeitlauf hin, der sich nie wiederholende Konfigurationen und Konstellationen in den Sandfüllungen aufweist.
In mysteriösem Schimmer oszillieren Ölgemälde zwischen Repräsentation von universellem Kosmos, Makrokosmos und reiner Abstraktion und reizen die Sinne in flirrenden Farben und Lichtern.
Barbara Anna Husar schafft in ihrer Ausstellung Avantgarde der Teilchenbeschleuniger ein komplexes System, ein multimediales Gewebe aus Relationen wesentlicher Datenträger. Deren kommunizierende Kanäle sind miteinander verwoben, in bildlichen Positionen gebündelt und verdichtet um energetische Felder zu generieren. Die Werke sind gleichsam Instrumente, die um sich rotierende Sphären von über sich hinaus deutenden Informationen bilden, die sich überlagern und in den Überschneidungen neue Erfahrungsräume entstehen lassen.
Das Potenzial des heterogenen Schauspiels scheint nicht überschaubar. Emphatisch drängt sich die Frage auf: Was nehmen wir eigentlich wahr? Wir begegnen beschleunigten Teilchen, Teilchen von geistigen Kosmen und Zeitlichkeiten in sinnlich erfahrbaren bildlichen Phänomenen – Fragmente eines Absoluten.
Margareta Sandhofer